Verweigerte Entbindung von Schweigepflicht ist Beweisvereitelung?
Das Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat sich zur Frage geäußert, ob ein Arbeitnehmer seine prozessuale Mitwirkungspflicht verletzt, wenn er die behandelnden Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbindet, um der beweispflichtigen Gegenpartei die Beweisführung unmöglich zu machen.
Der Fall:
Der Kläger war im Außendienst als Kundendiensttechniker tätig. Er war verpflichtet, bei Urlaubsantritt oder Arbeitsunfähigkeit den Fahrzeugschlüssel und das Fahrtenbuch im Betrieb abzugeben. Diesen Weisungen kam er im Jahr 2008 erneut nicht nach.
Nachdem der Kläger im Februar 2009 erneut krankheitsbedingt arbeitsunfähig war, verweigerte er die Herausgabe der Fahrzeugutensilien und teilte der Beklagten nicht mit, wo sie sich befanden.
Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis ordentlich.
Die Entscheidung:
Das BAG hat entschieden, dass das LAG zu Unrecht von der Beweisaufnahme abgesehen hat.
Das Gericht führt aus, dass der Kläger die von der Beklagten benannten Zeugen wirksam von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden hatte.
Zwar habe der Kläger die Entbindung zunächst auf eine Aussage in Abwesenheit der Beklagten beschränkt.
Diese Beschränkung habe er jedoch später fallengelassen und erklärt, dass die Zeugen auch in Anwesenheit der Beklagten aussagen sollten.
Das Gericht stellt fest, dass der Kläger sein Ziel nicht darin sah, der Beklagten die Beweisführung unmöglich zu machen.
Es ging ihm lediglich darum, ihren Mitarbeitern sensible höchstpersönliche Daten vorzuenthalten.
Dies sei grundsätzlich von §§ 385 Abs. 2, 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO gedeckt.
Fazit:
Das Urteil des BAG ist eine wichtige Entscheidung zur prozessualen Mitwirkungspflicht von Arbeitnehmern in Kündigungsschutzprozessen.
Es verdeutlicht, dass Arbeitnehmer nicht verpflichtet sind, der Gegenpartei Einblick in ihre höchstpersönlichen Gesundheitsdaten zu gewähren.
Die Verweigerung der Entbindung von der Schweigepflicht kann jedoch als Beweisvereitelung gewertet werden, wenn der Arbeitnehmer damit bezweckt, der Gegenpartei die Beweisführung unmöglich zu machen.
BAG, Urt. v. 8.5.2014 – 2 AZR 75
Volltext: https://openjur.de/u/751295.html