Kündigung wegen Alkoholsucht: BAG präzisiert Anforderungen
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Anforderungen an eine wirksame Kündigung wegen Alkoholsucht präzisiert. Im zugrundeliegenden Fall war ein Ergotherapeut in einer Suchtklinik tätig. Er war seit seiner Einstellung im Jahr 1997 als „trockener Alkoholiker“ bekannt. Im Jahr 2007 unterzog er sich aufgrund von Rückfällen einer stationären Entwöhnungsbehandlung. An eine kurze Zeit später ausgesprochene Kündigung hielt der Arbeitgeber nicht fest. Im Jahr 2009 wurde der Arbeitnehmer erneut alkoholisiert während der Dienstzeit angetroffen. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht zum Ende des Jahres.
Das Arbeitsgericht wies die außerordentliche Kündigung als unwirksam zurück, das Landesarbeitsgericht (LAG) kassierte beide Kündigungen. Das BAG folgte der Revision des Arbeitgebers und erklärte zumindest die ordentliche Kündigung für wirksam.
Anspruch auf ordentliche Kündigung
Das BAG stellte zunächst klar, dass an eine Kündigung, die auf ein Verhalten des Arbeitnehmers gestützt wird, das im Zusammenhang mit einer Alkoholsucht steht, grundsätzlich die gleichen Anforderungen wie an krankheitsbedingte Kündigungen zu stellen sind. Eine außerordentliche Kündigung kommt daher nur in eng begrenzten Fällen in Betracht, etwa bei einem Ausschluss der ordentlichen Kündigung auf Grund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen.
Prognose der dauerhaften Beeinträchtigung
Im vorliegenden Fall war im Zeitpunkt der Kündigung jedoch die Prognose gerechtfertigt, dass der Arbeitnehmer wegen seiner Alkoholsucht dauerhaft nicht in der Lage sein würde, seine vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen. Dies war insbesondere deshalb der Fall, weil der Arbeitnehmer bereits mehrfach alkoholisiert während der Dienstzeit angetroffen worden war.
Erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
Zudem war die Kündigung gerechtfertigt, weil sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führte. Dies lag daran, dass der Arbeitnehmer als Ergotherapeut in einer Suchtklinik tätig war. Bei ihm bestand die Gefahr, dass er während der Arbeitszeit alkoholisiert Patienten behandeln würde. Dies hätte für die Patienten eine erhebliche Gefahr darstellen können.
Fazit
Das BAG hat die Anforderungen an eine wirksame Kündigung wegen Alkoholsucht präzisiert. Eine außerordentliche Kündigung ist nur in eng begrenzten Fällen möglich. Eine ordentliche Kündigung ist hingegen möglich, wenn der Arbeitnehmer wegen seiner Alkoholsucht dauerhaft nicht in der Lage ist, seine vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen und dies zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führt.
BAG, Urteil vom 20. 12. 2012 - 2 AZR 32/11
Volltext: https://openjur.de/u/630418.html