Entzug betriebliche Fahrerlaubnis rechtfertigt keine Kündigung
Ein Arbeitgeber kann den Entzug einer betrieblichen Fahrerlaubnis nicht als Kündigungsgrund heranziehen, wenn die Fahrerlaubnis nicht von einer öffentlichen Behörde, sondern vom Arbeitgeber selbst erteilt wurde. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Entzugs der Fahrerlaubnis seine Tätigkeit als Kraftfahrer nicht mehr ausüben kann.
Im vorliegenden Fall wurde ein Arbeitnehmer als Kraftomnibusfahrer (KOM-Fahrer) bei einem Unternehmen des öffentlichen Personenverkehrs beschäftigt. Im Rahmen einer regelmäßigen Sonderbeobachtung stellte der Arbeitgeber zahlreiche straßenverkehrsrechtliche Verstöße durch den Arbeitnehmer fest, u.a. zwei Rotlichtverstöße und eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung. Der Arbeitgeber entzog dem Arbeitnehmer daraufhin die betriebliche Fahrerlaubnis und kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und hilfsweise fristgemäß.
Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers hatte in allen drei Instanzen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass der Entzug der betrieblichen Fahrerlaubnis im vorliegenden Fall nicht als Kündigungsgrund herangezogen werden konnte.
Zur Begründung führte das BAG aus, dass der Entzug einer behördlichen Fahrerlaubnis grundsätzlich einen personenbedingten Kündigungsgrund darstellt. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Entzugs seiner Fahrerlaubnis seine Tätigkeit als Kraftfahrer nicht mehr ausüben kann.
Im vorliegenden Fall lag jedoch nicht der Entzug einer behördlichen, sondern einer vom Arbeitgeber erteilten betrieblichen Fahrerlaubnis vor. Diese Fahrerlaubnis wird nach vom Arbeitgeber selbst aufgestellten Regeln zusätzlich zum Führerschein erteilt bzw. kann wieder entzogen werden.
Eine Gleichstellung des Entzugs einer betrieblichen Fahrerlaubnis mit dem Entzug einer behördlichen Fahrerlaubnis wäre nach Ansicht des BAG unverhältnismäßig. Dies würde dem Arbeitgeber ermöglichen, sich selbst Kündigungsgründe zu schaffen, indem er Fähigkeitsnachweise als Voraussetzung für die Beschäftigung definiert, die er nach selbst aufgestellten Regeln verleihen und wieder entziehen kann.
Darüber hinaus war im vorliegenden Fall nicht festgelegt, unter welchen Voraussetzungen bei Verkehrsverstößen eines KOM-Fahrers die betriebliche Fahrerlaubnis entzogen werden konnte. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer nicht vorhersehen konnte, dass er aufgrund der Verkehrsverstöße seine Tätigkeit als KOM-Fahrer verlieren würde.
Fazit:
Der Entzug einer betrieblichen Fahrerlaubnis durch den Arbeitgeber stellt grundsätzlich keinen Kündigungsgrund dar. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Entzugs seiner Fahrerlaubnis seine Tätigkeit nicht mehr ausüben kann.
BAG, Urteil vom 5. 6. 2008 - 2 AZR 984/06
Volltext: https://openjur.de/u/172509.html