Verdachtskündigung wegen geringfügigen Diebstahls: Unwirksam!
Eine langjährig beschäftigte Kassiererin wird nach Videoüberwachung fristlos gekündigt, weil sie dreimal Kleingeld aus der Kleingeld-Kasse genommen hat. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) erklärt die Kündigung für unwirksam.
Kernaussagen:
- Videoüberwachung als Beweismittel: Die Verwertung von Videoaufnahmen aus einer verdeckten Videoüberwachung ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
- Verdachtskündigung: Auch eine ordentliche Verdachtskündigung ist nur sozial gerechtfertigt, wenn Tatsachen vorliegen, die zugleich eine außerordentliche, fristlose Kündigung rechtfertigen würden.
- Geringfügiger Diebstahl: Bei einem geringfügigen Diebstahl ist eine Kündigung regelmäßig unverhältnismäßig.
Details zum Fall:
Die Klägerin war langjährig als Kassiererin in einem Einkaufsmarkt beschäftigt. Nach Feststellung von erheblichen Leergutdifferenzen installierte die Arbeitgeberin eine verdeckte Videoüberwachung des Kassenbereichs.
Die Aufnahmen zeigten, wie die Klägerin dreimal Kleingeld aus der Kleingeld-Kasse nahm und in ihre Hosentasche steckte. Die Arbeitgeberin kündigte daraufhin fristlos, hilfsweise fristgemäß.
Entscheidung des Gerichts:
Das BAG erklärte die fristlose Kündigung für unwirksam. Die Videoaufnahmen seien ein unzulässiges Beweismittel, da die Voraussetzungen für eine verdeckte Videoüberwachung nicht vorlagen.
Auch die ordentliche Kündigung sei unwirksam. Die Verdachtskündigung setze voraus, dass Tatsachen vorliegen, die zugleich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würden. Dies sei hier nicht der Fall, da der Diebstahl geringfügig war.
Praxishinweis:
Arbeitgeber sollten bei Verdacht auf Straftaten durch Arbeitnehmer Vorsicht walten lassen. Die verdeckte Videoüberwachung ist nur ein letztes Mittel und muss verhältnismäßig sein. Auch bei einer ordentlichen Verdachtskündigung müssen die Voraussetzungen streng erfüllt sein.
BAG, Urteil vom 21.11.2013 – 2 AZR 797/11
Volltext: https://openjur.de/u/678855.html