Kündigungsschutz für Wahlvorstand
Ein schwerbehinderter Fotograf, der zum Mitglied des Wahlvorstands bestellt wurde, genießt besonderen Kündigungsschutz. Das gilt auch dann, wenn die Arbeitgeberin die Abteilung, in der der Arbeitnehmer tätig war, schließt.
Der Fall:
Der Kläger war seit 2008 als festangestellter Fotograf bei der Beklagten, einem Zeitungsverlag, beschäftigt. Im Jahr 2021 leitete die Beklagte ein Verfahren vor dem Integrationsamt zur Zustimmung zur Kündigung des Klägers ein. Die Begründung: Die Fotoarbeiten sollten zukünftig von externen Kräften erledigt werden.
Der Kläger wurde im Januar 2022 zum Mitglied des Wahlvorstands für die Betriebsratswahl 2022 bestellt. Im März 2022 wurde er in den Betriebsrat gewählt.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers im März 2022. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage.
Die Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht Hamm hat festgestellt, dass die Kündigung des Klägers unwirksam ist.
Die Gründe:
- Besonderer Kündigungsschutz: Der Kläger genoss besonderen Kündigungsschutz als Mitglied des Wahlvorstands. Dieser Schutz greift ab dem Zeitpunkt der Bestellung zum Wahlvorstand und endet sechs Monate nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses.
- Keine Betriebsabteilung "Fotografie": Das Gericht hat festgestellt, dass es bei der Beklagten keine Betriebsabteilung "Fotografie" im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG gibt.
- Weiterbeschäftigung in anderer Funktion: Die Beklagte hätte den Kläger in einer anderen Funktion weiterbeschäftigen müssen.
- Darlegungslast der Arbeitgeberin: Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass der Bedarf an der Beschäftigung des Klägers weggefallen ist.
Praxishinweis:
Die Entscheidung des LAG Hamm zeigt, dass Arbeitgeber:innen bei der Kündigung von Wahlvorstandsmitgliedern besondere Vorsicht walten lassen müssen. Die Darlegungslast der Arbeitgeber:innen ist in diesen Fällen besonders hoch.
LAG Köln, Urteil vom 4.5.2023 – 6 Sa 684/22
Volltext: https://openjur.de/u/2475608.html