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Erbfolge

Das BGB sieht grundsätzlich zwei Möglichkeiten vor, nach denen ein Erbe zu eben diesem werden kann:

1. kraft gesetzlicher Erbfolge (§§ 1924 ff. BGB),

2. kraft gewillkürter Erbfolge, d. h. durch Verfügung von Todes wegen (z. B. durch Testament (§§ 1937, 2064 ff., 2265 ff. BGB) oder Erbvertrag (§§ 1941, 2274 ff. BGB).

Das Gesetz sieht vor, dass die zweite Möglichkeit (Verfügung von Todes wegen) vorgeht. Das heißt also: Wenn der Erblasser eine Verfügung von Todes wegen getroffen hat, kommt eine gesetzliche Erbfolge nur in Ausnahmefällen in Betracht. Sofern der Erblasser jedoch keine Regelungen trifft, tritt automatisch die gesetzliche Erbfolge ein.

1. Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge hat in der Praxis eine erhebliche Bedeutung. Zwar schließt eine Verfügung von Todes wegen die gesetzliche Erbfolge aus, doch treffen nur etwa 30 % aller Erblasser eine letztwillige Verfügung.

Die gesetzliche Erbfolge geht vom Prinzip der Familienerbfolge aus: Damit sind grundsätzlich der Ehegatte des Erblassers, die Verwandten oder auch der Lebenspartner/die Lebenspartnerin zu gesetzlichen Erben berufen. Den umfassenden gesetzlichen Regelungen lässt sich folgender Grundgedanke entnehmen: Die nächsten Verwandten sollen die Erben des Erblassers werden.

Ein deutsches Stammbaumdiagramm zeigt vier Generationen, beginnend mit den Urgroßeltern (Urgroßväter und Urgroßmutter) an der Spitze, hinunter zu Großeltern, Eltern (Vater und Mutter), einschließlich eines Onkels, der Rechtsanwalt ist, und dann zu Geschwistern, Nichten/Neffen und Cousins. Das Diagramm zeigt breitere Familienverbindungen und beschriftet die Nachkommen jeder Generation.

a. Ordnungssystem

Nach dem Ordnungssystem werden die Verwandten des Erblassers in Ordnungen eingeteilt. Dabei gehören die Abkömmlinge des Erblassers (d. h. seine Kinder und Kindeskinder) zu den gesetzlichen Erben der ersten Ordnung. Zur zweiten Ordnung gehören die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Zur dritten Ordnung gehören die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Zur vierten Ordnung gehören die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Zur fünften Ordnung gehören die entfernteren Voreltern und deren Abkömmlinge.

Entsprechend § 1930 BGB schließen Verwandte der näheren Ordnung die Verwandten der entfernteren Ordnung aus.

So können beispielsweise die Großeltern des Erblassers kraft Gesetz also nur dann erben, wenn sowohl die Abkömmlinge des Erblassers, als auch die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge vorverstorben sind.

b. Stammessystem

Ist durch das Ordnungssystem festgelegt, welche Ordnung für die Erbfolge maßgebend ist, so wird durch das Stammessystem festgelegt, welche Verwandten innerhalb einer Ordnung als Erben berufen sind. Im Sinne der Erbfolge nach Stämmen treten die Abkömmlinge des Vorverstorbenen an die Stelle des Vorverstorbenen.

Ein einfaches Stammbaumdiagramm in Deutsch zeigt „Vater“ und „Mutter“, die mit einem „Erblasser“ (verstorben) verbunden sind. Der Erblasser ist mit drei Kästchen mit den Bezeichnungen „Kind1“, „Kind2“ und „Kind3“ verknüpft. Ein zusätzlicher Zweig verbindet den Erblasser mit hervorgehobenen „Geschwistern“, die oft von einem

Beispielsweise können die Geschwister des Erblassers erst Erben werden, wenn sowohl die Abkömmlinge des Erblassers als auch dessen Eltern vorverstorben sind.

c. Repräsentationssystem

Ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling schließt die durch ihn mit dem Erblasser verwandten ferneren Abkömmlinge von der Erbfolge aus.

d. Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten

Dem zum Zeitpunkt des Todes in gültiger Ehe lebenden Ehegatten steht ebenfalls ein gesetzliches Erbrecht zu.

Die Erbquote des überlebenden Ehegatten bestimmt sich zum einen danach, zu welcher Ordnung die erbenden Verwandten des Erblassers gehören, zum anderen danach, in welchem Güterstand die Ehegatten lebten.

a. Grundsatz

Neben Verwandten der ersten Ordnung erbt der überlebende Ehegatte zu 1/4.

Neben Verwandten der zweiten Ordnung erbt der überlebende Ehegatte zu 1/2.

Neben Verwandten der dritten Ordnung erbt der überlebende Ehegatte zu 1/2.

Besonderheit: Es erben nur die Großeltern, niemals deren Abkömmlinge.

Leben außer dem Ehegatten nur noch Verwandte der vierten oder fünften Ordnung, erbt der überlebende Ehegatte allein.

b. Einfluss des Güterrechts auf Ehegattenerbrecht

Von Bedeutung ist hier, ob der Erblasser und sein Ehegatte in einem der Wahlgüterstände (Gütertrennung, Gütergemeinschaft) lebten, oder ob der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft für sie gilt.

2. Gewillkürte Erbfolge

Kraft letztwilliger Verfügung ist es jeder Person möglich, schon zu Lebzeiten Anordnungen über die Verteilung ihres Vermögens in einem ihr gerecht erscheinenden Maßstab zu treffen. Insofern kann die Erbfolge den besonderen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen und Wünschen angepasst werden. Wesentliche Instrumente der gewillkürten Erbfolge sind die Verfügungen von Todes wegen. Diese sind rechtsgeschäftliche Gestaltungsmöglichkeiten des Erblassers, in denen er Anordnungen über sein Vermögen für die Zeit nach seinem Ableben trifft. Als Form kommt ein Testament oder ein Erbvertrag in Frage.

a. Grundsatz der Testierfreiheit

Der Erblasser hat das Recht nach freiem Belieben durch eine Verfügung von Todes wegen von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen. Die Testierfreiheit ist ein Ausdruck der Privatautonomie, die das gesamte BGB prägt und gehört auch zum Wesen der durch Art. 14 I S. 1 GG gewährleisteten Erbrechtsgarantie.

Zu beachten ist jedoch, dass die Testierfreiheit durch das Pflichtteilsrecht in nicht unerheblichem Maßstab eingeschränkt wird. Darüber hinaus findet die Testierfreiheit ihre Grenzen in solchen Verfügungen von Todes wegen, die gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) oder gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) verstoßen.

b. Grundsatz der Testierfähigkeit

Testierfähigkeit ist die persönliche Fähigkeit ein Testament zu errichten, zu ändern oder aufzuheben. Als besondere Konkretisierung der allgemeinen Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB) ist sie besonders geregelt in § 2229 BGB. Grundsätzlich ist jede geschäftsfähige Person (§ 106 i. V. m. § 2 BGB) testierfähig. Darüber hinaus bestimmt § 2229 I BGB, dass auch Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, testierfähig sind. Testierunfähig hingegen sind Personen, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und alle anderen Geschäftsunfähigen (§ 2229 III BGB).

Problematisch sind insbesondere Fälle der arteriosklerotischen Demenz. Meist ist hier die Testierfähigkeit zu verneinen. Ausnahmsweise kann allerdings in lichten Momenten die Testierfähigkeit gegeben sein.

c. Testamentsformen

Eine Verfügung von Todes wegen ist aufgrund des Schutzes des Erblassers nur in bestimmten Formen möglich. So muss ein Testament gem. § 2064 BGB persönlich errichtet werden . Die Errichtung eines Testaments durch einen Stellvertreter ist also nicht möglich. Der Erblasser allein soll die Verantwortung für seine Verfügung tragen. Auch darf die Geltung eines Testamentes nicht von dem Willen eines anderen abhängig gemacht werden.

aa. Das eigenhändige Testament

Nach § 2247 I BGB kann der Erblasser ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Diese muss der Erblasser allerdings von Anfang bis Ende mit eigener Hand geschrieben und unterschrieben haben. Diese Anforderungen sollen sicherstellen, dass der Erblasser das Testament wirklich selbst errichtet hat und gegebenenfalls die Echtheit durch Schriftvergleich festgestellt werden kann.

Problematisch an eigenhändigen Testamenten ist, dass diese einem strengen Formzwang unterliegen. Darüber hinaus können inhaltliche Mängel auftreten, welche den Beteiligten oder Gerichten erhebliche Auslegungsprobleme bereiten. Im schlimmsten Fall führt dies zur Unwirksamkeit des Testamentes. Das vom Erblasser gewünschte Ziel wird damit verfehlt. Die Unwirksamkeit des Testaments kann sich auch daraus ergeben, dass der Erblasser etwas erreichen wollte, was rechtlich oder tatsächlich nicht möglich ist. Weiter kann die Testierfähigkeit des Erblassers unter Umständen später angezweifelt werden. Im Zweifelsfall trägt die Feststellungslast derjenige, welcher Rechte aus dem Testament herleitet.

bb. Das notarielle Testament

Eigenhändige Testamente sind – wie oben ersichtlich – besonders fehleranfällig. Wie ist ein Testament also nun richtig zu errichten? Die Lösung könnte ein notarielles Testament darstellen.

Die Vorzüge eines notariellen Testaments ergeben sich insofern schon aus den oben angesprochenen Problemen: Unsicherheiten bezüglich Form und Inhalt scheiden praktisch aus, da es von einem erfahrenen Notar beurkundet wird. Damit verbunden stellt die fachkundige Beratung einen entscheidenden Faktor dar: In vielen Fällen gelangt der Erblasser erst im Laufe des Gesprächs zu einer vollständigen Klärung seiner bis dahin nur vagen Vorstellungen. Der Notar kann die vom Erblasser vorgegebenen Regelungsziele genau in die vom Gesetz vorgegebenen Rechtsformen einbetten.

Praktisch kommt es häufig vor, dass der Erblasser zwar einmal ein Testament aufgesetzt hat, dieses aber zerstört oder unauffindbar ist. Auch dieses Risiko scheidet bei einem notariell beurkundeten Testament aus, weil dieses durch den Notar in die amtliche Verwahrung gegeben wird.

cc. Das gemeinschaftliche Testament

Das Gesetz sieht für Ehegatten, die den Wunsch haben, ihre wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse gemeinschaftlich zu regeln, eine Sonderform des Testaments vor. Inhaltlich besteht dieses gemeinsame Testament aus zwei Testamenten, wobei jeder Ehegatte einseitig über seinen Nachlass verfügt. Wenn der erkennbare Wille der Ehegatten besteht, ihre Erbfolge gemeinsam zu regeln, bilden diese beiden Testamente ein gemeinschaftliches Testament.

Dieses kann entweder eigenhändig oder vor einem Notar errichtet werden. Bei einem eigenhändigen gemeinschaftlichen Testament genügt es, dass einer der Ehegatten es eigenhändig verfasst und der andere Ehegatte in eigener Handschrift hinzufügt, dass dies auch sein letzter Wille sei und diese Erklärung unterzeichnet.

Der Unterschied zwischen einem einseitigen und einem gegenseitigen Testament liegt regelmäßig darin, dass jede Verfügung mit der anderen steht und fallen soll. Diese sogenannten wechselbezüglichen Verfügungen finden in der Praxis so statt, als dass sich die Ehegatten gegenseitig als jeweilige Erben einsetzen.

Zu beachten ist allerdings, dass diese wechselbezüglichen Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament nur eine beschränkte Bindungswirkung haben – sie können insofern durch beurkundete Erklärung gegenüber dem anderen Ehegatten widerrufen werden.

dd. Erbvertrag

Im Falle der Errichtung eines Testaments bleibt die Testierfreiheit des Erblassers erhalten. Damit kann er jederzeit seine Verfügung von Todes wegen ändern. Eine Einschränkung der Testierfreiheit ermöglicht das Gesetz durch den Abschluss eines Erbvertrages. Dieser kommt beispielsweise für Ehegatten in Betracht, die den Wunsch nach einer stärkeren gegenseitigen erbrechtlichen Bindung hegen oder aber auch für Personen, die nicht miteinander verheiratet sind, aber dennoch den Wunsch haben, ihre wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse gemeinsam zu regeln.

Das heißt: Im Gegensatz zum gemeinschaftlichen Testament kann ein Erbvertrag nicht nur von Ehegatten, sondern auch von Verlobten, nichtehelichen Partnern oder Verwandten abgeschlossen werden. Weiter genügt es, wenn nur einer Vertragsschließenden eine Verfügung von Todes wegen trifft. Die Bindungswirkung tritt hier bereits mit dem Abschluss des Vertrages ein (es sei denn, eine Partei hat sich ein Rücktrittsrecht vorbehalten) und nicht erst mit dem Ableben eines Ehegatten.

Die Besonderheit des Erbvertrags liegt in seiner Doppelnatur: Er ist Verfügung von Todes wegen und gleichzeitig Vertrag.

Marcel Wack - Anwalt für Arbeitsrecht aus Kirchhain
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